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Dental-Gebrauchtgerätekauf
Der Absatz von neuen Dentalbehandlungseinheiten war bei einigen großen Herstellern im Jahr 2018 etwas rückläufig, wie die Quartalszahlen 3/18 Stand Dez. 2018 der größten deutschen Hersteller belegen. Firmen, die gebrauchte Dentalgeräte vertreiben, erobern den Markt, Gebrauchtgeräte erfreuen sich bei Zahnärzten ganz offensichtlich einer großen Beliebtheit. Der Verkauf dieser „neuen Alten“ hat sich inzwischen zu einem eigenen, florierenden Geschäftszweig innerhalb der Dentalbranche entwickelt.
Natürlich reagiert auch der Handel auf diese Entwicklung: für den, der nicht gewillt ist, 25.000 € oder gar 65.000 € für ein Neugerät zu bezahlen gibt es bei Neugeräten mittlerweile attraktive Angebote im unteren Preissegment. So gibt es durchaus namhafte deutsche Hersteller, wie Ritter die mit dem r 400 für rund 20.0000 Euro inkl. MwSt ein sehr faires Preisleistungsverhältnis und gute Ausstattung bieten.
Entscheidend ist immer, für welchen Zweck die Dentaleinheit gesucht wird und oft zeigt sich, dass z.B. in der Prophylaxe oder in einem zusätzlichen Zimmer bei einer Erweiterung der Praxis auch ein Gebrauchtgerät gut geeignet wäre. Manch einer hat sich auch über die Jahre an ein bestimmtes Fabrikat und Modell gewöhnt und scheut den Umstieg, auch hier bietet es sich an, ein Gebrauchtgerät der gleichen Bauart gezielt zu suchen. Wie aber findet man das Passende und was sollte beim Kauf unbedingt beachtet werden? Leider gibt es weder auf dem Gebrauchtsektor noch bei Neugeräten eine unabhängige Plattform für Informationen zu diesem Thema.
Auf diversen Plattformen (Blau Dental, eBay) im Internet sowie in verschiedenen Magazinen lassen sich viele Gebrauchtgeräte finden. In den Annoncen führen Händler wie Privatleute in der Regel alle Vorzüge des offerierten Geräts auf und man kann dort das sprichwörtliche Schnäppchen machen - oder sich eine ,,Gurke“ andrehen lassen.
Wer ein paar einfache Tipps beachtet, bohrt allemal besser.
Zunächst gilt es, Grundlegendes zu klären:
hat das Gerät einen Amalgamabscheider oder ist es für Nassabsaugung ausgerüstet? Sollten Sie diesen Unterschied nicht beachten, kann das kostspielige Folgen haben. Wir sprechen hier über zwei unterschiedliche Systeme: bei der Trockenabsaugung wird das Luft-Wassergemisch aus dem Patientenmund in jeder einzelnen Dentaleinheit durch einen Separator und /oder einen Amalgamabscheider in Luft-Wasser und Feststoffe getrennt, so dass nur die abgesaugte Luft an der Saugmaschine ankommt.
Im Gegensatz dazu wird bei der Nassabsaugung das Wasser-Luft-Gemisch von allen angeschlossenen Dentaleinheiten bis zur Saugmaschine geleitet und dort durch einen Amalgamabscheider in Luft, Wasser und Feststoffe getrennt. Für die Behandlungseinheit bedeutet dies, dass das Gerät entweder über einen Amalgamabscheider bzw. Separierung oder ein sog. Mundspülbeckenventil kurz Nassabsaugung verfügt. Die bereits vorhandene Art der Absaugung in der Praxis muss zum Gebrauchtgerät passen und umgekehrt.
Als nächstes sollte der Wartungszustand ermittelt werden. Wie beim Gebrauchtwagenkauf kann auch hier ein gewissenhaft geführtes Serviceheft sehr aussagekräftig sein: wurden die vom Hersteller empfohlenen Services regelmäßig durchgeführt, wie waren die letzten Wasserproben, wurden relevante Teile wie Elektroniken, Hubmotoren oder ähnliches gewechselt?
Lassen Sie sich hierfür immer entsprechende Rechnungen vorlegen. Seit einigen Jahren haben Sirona und Kavo Wartungsanzeigen mit einem Intervall Timer ähnlich wie wir es aus der Automobilbranche kennen.
Dass das Gebrauchtgerät vor Auslieferung mit einer Desinfektionslösung gründlich gespült wurde sollte selbstverständlich sein.
Das Baujahr zu kennen kann z.B. nach einem Facelift sehr hilfreich sein, wenn Sie zum Beispiel das gleiche Gerät „wie in Zimmer 1 mit der motorischen Speischale“ nochmal wollen.
Ansonsten ist das Baujahr kein zuverlässiger Indikator und sollte die Entscheidung für oder gegen ein Gerät nicht maßgeblich beeinflussen: wenn beispielsweise an der Wartung gespart wurde, kann auch ein noch junges Gerät in deutlich schlechterem technischem Zustand sein als das top gepflegte Vorgängermodell.
Wichtiger ist, dass z.B. der Amalgamabscheider neu ist. Dieses Bauteil ist extremen Belastungen ausgesetzt und benötigt viel Pflege. Außerdem werden Dichtungen schon nach kurzen Standzeiten porös und undicht. Es ist immer ratsam, dieses Bauteil zu erneuern, was sich zwar im Preis niederschlägt, aber eine konstante Zuverlässigkeit garantiert. Hinzu kommt, dass alte Amalgamabscheider teilweise von der Unteren Wasserbehörde nicht mehr anerkannt werden, weil der Hersteller diese nicht mehr supportet. Diese Abscheider hatten nur am alten Standort einen Bestandsschutz. Nach einem Ortswechsel erlischt dieser Bestandsschutz jedoch.
Zum Beispiel betrifft das bei Dürr unter anderem die Modelle 7800 (Beistellgerät) sowie das Einbaugerät 7110 das durch das 7117 ersetzt wurde (siehe Abbildung).
Seit Einführung der Amalagamabscheider 1989 hat sich vor allem die Größe der Geräte geändert. Hatten diese anfangs die Dimension eines Elefantenfußes (Emda), sind sie nun auf ein ansehnliches Format geschrumpft (siehe Foto).
An dieser Stelle muss auch der Wassereingang erwähnt werden, im Detail die sogenannte ,,freie Fallstrecke“ oder auch ,,freier Auslauf“ genannt nach EN1717.
Diese stellt sicher, dass sich kein kontaminiertes Wasser mit dem Frischwasser in der Leitung vermischen kann.
KaVo hat dieses System erstmals serienmäßig 1999 bei seinem Klassiker 1065/66 eingeführt, zusätzlich wird dem Wasser H2O2 zuggeimpft. Das System wird in den aktuellen KaVo Produktreihen nahezu unverändert auch heute noch verbaut.
In einer zahnärztlichen oder auch kieferorthopädischen Praxis ist wegen des vergleichsweise geringen Wasserverbrauchs auch eine externe Versorgung mit sog. Bottle-System in Betracht zu ziehen. In diesem Fall ist das Hygienemanagement deutlich einfacher. Es versteht sich von selbst, dass in regelmäßigen Abständen trotzdem desinfiziert werden muss. Selbst namhafte Traditions- Hersteller wie Ritter und Ultradent nutzen bei neuen Geräten bereits das Bottle System.
Ein Bottle System nachzurüsten ist eine preiswerte, solide Alternative auch für ältere Geräte, die Kosten belaufen sich auf ca. 550€, je nach Aufwand und Hersteller.
Bei der Nachrüstung einer freien Gefällestrecke mit einem Beistellgerät ist darauf zu achten, dass die Schalenspülung nicht über dieses Beistellgerät angeschlossen wird. Andernfalls werden ständig große Mengen Desinfektionslösung sinnlos über die Schalenspülung in den Abfluss gespült. Metasys bietet die WEK Beistellversion für rund 1.500 Euro netto an.
Interessant ist auch die Bestückung der Dentaleinheit mit Motoren und ob es sich dabei um sogenannte kollektorlose Motoren oder um Motoren mit Kohlebürsten handelt. Die kollektorlosen Motoren sind heute Standard und sehr robust.
Darüber hinaus sind sie sehr viel durchzugsstärker, ca. 25% kürzer, 30% leichter und zudem sterilisierbar. Eine Nachrüstung oder Tausch ist oft nicht möglich.
Ausstattungsvarianten wie ZEG, Entkeimungsprogramme usw. fließen ebenfalls in die Kaufentscheidung mit ein. Optional sollte der Händler alle Geräte auch mit einer neuen, modernen LED Behandlungslampe anbieten können.
Verfügt das Gerät über ein Multimedia-System, sollte unbedingt beim Hersteller angefragt werden ob dieses noch supportet wird: häufig sind Hard- und Software aufgrund der ständigen technischen Weiterentwicklung bereits überholt und Ersatzteile nicht mehr erhältlich. Im Extremfall bedeutet dies, dass bei einem Schaden das gesamte System ausgetauscht werden muss. Ein fairer Verkäufer wird Sie auf diesen Sachverhalt hinweisen.
Eines der ersten intraoralen Kamerasysteme war 1997 der Dental Scout, damals noch mit einem Spiegel am Handstück (wegen Kameragröße und der mäßigen Makrooptik) war die Kamera noch am Monitor befestigt.
Seither hat sich viel getan, bei neuen Systemen ist die Kamera kaum größer als ein Stift. Die Mundhöhle wird mit LEDs ausgeleuchtet, die kreisförmig um die Optik im Kamerakopf angeordnet sind. Dank automatischer Helligkeitsregulierung, Autofokusfunktion und Kameraauslösung über Hand oder Fußschalter lassen sie sich einfacher bedienen.
Manche Systeme ermöglichen einen Wechsel des Kamerakopfs und bieten optionale Detektionslösungen für Diagnose von Okklusal- und Approximalkaries.
Abhängig von der Softwareschnittstelle können die Aufnahmen direkt der digitalen Patientenakte hinzugefügt werden.
Für die Optik spielen Lackierung und Polsterung eine große Rolle, hier lässt sich meist mit geringem Aufwand ein Gebrauchtgerät nach individuellem Kundenwunsch aufarbeiten.
Ein neuer Polstersatz ist bereits ab ca. 750 Euro erhältlich, werden die abnehmbaren Lackteile z.B. einer Kavo 1065/66 neu lackiert, liegen die Kosten in etwa bei 1200 Euro netto. Im Idealfall verfügt der Verkäufer über eine eigene Lackierbox o.ä., so halten sich die Kosten für die Aufarbeitung in Grenzen.
Gebrauchtgeräte, die beispielsweise auf Fachmessen ausgestellt und angeboten werden überraschen den Besucher häufig damit, dass sie durch entsprechende Aufbereitung optisch kaum von einem Neugerät zu unterscheiden sind.
Auch ein Blick hinter die Kulissen kann sehr aufschlussreich sein. Wo immer dies möglich ist, sollte sich der Interessent deshalb auch die Werkstatt und die Aufarbeitung zeigen lassen. Wenn der Verkäufer sich dagegen sträubt, ohne nachvollziehbare Gründe anführen zu können – sollte man vielleicht besser die Finger von dem Gerät lassen.
Falls der Verkäufer das Altgerät irgendwo abgebaut habt und es beispielsweise in der Garage zwischenlagert und ohne jede Prüfung oder Garantie weiterverkaufen will, sollte der Käufer selbst mit der Technik sehr gut vertraut sein, ansonsten kann von solchen Käufen nur abgeraten werden, denn auch einem Techniker ist kaum zumutbar, einen solchen "Baukasten" wieder zum Laufen zu bekommen. Das Gerät sollte sich unbedingt noch im Originalzustand befinden, ansonsten kann möglicherweise bei einem Defekt niemand außer dem Verkäufer helfen. Ist das Gerät jedoch im Originalzustand, kann nahezu jeder Techniker (zumindest wenn es sich um ein Premiumprodukt handelt) helfen und Ersatzteile bei dem jeweiligen Hersteller ordern. Außerdem wurden i.d.R. alle Techniker bei den Premiumherstellern geschult. Für den Käufer wiederum bedeutet das Unabhängigkeit.
Eine Ausnahme stellen sogenannte Refit Geräte dar, hierbei handelt es sich meist um Klassiker wie z.B das Siemens M1. Dieser Klassiker wurde 1983 auf den Markt gebracht und entwickelte sich in den Folgejahren zu einem echten Kassenschlager: 30.000 Stück wurden weltweit verkauft. Schätzungsweise waren 2016 noch 25% der originalen Einheiten im Einsatz. Die Ära endete zum 31.12.2016, als Sirona offiziell die Ersatzteilversorgung einstellte. Die Begründung der Sirona Geschäftsleitung Bensheim damals: Die Technologien entsprechen nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Bestimmte elektronische Komponenten könnten nicht mehr nachproduziert werden.
Von Unternehmen, die M1 Besitzern anbieten ihre Behandlungseinheit aufzuarbeiten, riet Herr Michael Geil ab: „Wir unterhalten keinerlei Geschäftsbeziehungen zu diesen Anbietern. Daher gibt es auch keine Garantien und Gewährleistungen unsererseits“. Es wurde auch darauf verwiesen, dass für einen geringen finanziellen Mehraufwand bereits ein modernes neues Gerät zu haben sei.
Ein ähnlicher Fall ist die Kavo 1042. Diese Geräte wurden komplett überarbeitet und technisch nachgerüstet, haben aber bis auf die Optik und das Handling nichts mehr mit dem ursprünglichen Gerät gemeinsam. So werden bereits Kavo 1062 ( Nachfolger des Kavo 1042, ebenfalls nicht mehr supportet) mit einem chinesischen Innenleben angeboten.
Falls man sich für ein Re-Fit Gerät entschieden hat, sollte immer das Technikernetzwerk in jeweiligen Postleitzahlgebiet erfragt werden, andernfalls kann dasselbe wie bei einem „verbastelten“ Gerät blühen: meist werden diese Geräte nur in geringer Stückzahl hergestellt und die Hersteller bieten keine Schulungen für Techniker an.
Letztlich ist der Kauf einer neuen Einheit, ganz gleich ob Neugerät oder gebraucht erworben, auch eine Entscheidung für viele Jahre, sie sollte deshalb gut überlegt sein und nicht nur von Emotionen geprägt. Eine gute Idee ist es deshalb, einen unabhängigen Berater mit dabei zu haben, denn zu zweit geht man die Sache meist nüchterner an und entscheidet nicht aus dem Bauch heraus. Nehmen Sie daher am besten einen kompetenten Berater oder Ihren Dental Techniker mit.
Vorauszahlungen sollten nur über PayPal oder eine andere sichere Plattform erfolgen. Wenn der Händler nicht in der Lage ist, sein Gerät vorzufinanzieren oder selbst nicht das nötige Vertrauen in das aufgearbeitete Produkt hat sollte das ohnehin nachdenklich stimmen.